Der Volvo 262C exklusiv, luxuriös and nicht jedermanns Geschmack

ITALO-SCHWEDE


Europemodel 262C 1977-1979


Entscheidungshilfe: Weil jeder, der ein auffälliges Sechszylinder-Coupé mit vier bis fünf sitzen sucht, früher oder später auf den Volvo 262 C stoßen wird, sollen dessen Stärken und Schwächen hier benannt werden. Die frage, ob man die extravagante Linienfürung dieses Italo-Schweden mag, muß dagegen jeder selbst entscheiden.

"Es ist mir unerklärlich, wie man ein stilistisch derart verunglücktes Gebilde entwerfen kann", befand Rennfahrer und Autobauer Peter Monteverdi beim Anblick des ofenfrischen Volvo 262 C im Frühjahr 1977 auf dem Genfer Salon, wo der neue Volvo sein Debüt gab. Und für Verwirrung sorgte nicht zuletzt wegen de "Bertone"--Schriftzugs, der seine vorderen Kotflügel zierte. Das war in der tat mißverständlich, denn dieser begnadete Karosseriekünstler hatte die so kontrovers diskutierte Neuerscheinung nicht modelliert, sondern laut eigener Aussage nur zu einigen Detaillösungen beigetragen. Vor allem aber hatte er die Montage der aus Schweden angelieferten Teile übernommen, Deutsche 262C. Die hier zusammengefügt, Lakiert und gepolstert wurden. Während die Form des gradlingen Schwedenmobils auf das Konto von Jan Wilsgaard ging, der 40 Jahre als Volvo's Chefdesigner tätig war (und OLDTIMER-MARKT-lesern als Schöpfer des wunderschönen Volvo Amazon bekannt ist) Bei der Gestatung in eng gesteckten Grenzen. Denn nach den Vorstellungen von Volvo-Boß Gyllenhammer sollte das neue Coupé - quasi als Nachfolger des hochangesehenen 1800 ES - exklusiv und luxuriös sein mußte aber mit verhältnismaßig einfachen Mitteln realisiert werden. Daß dabei der volvo 264 als das Aktuelle Topmodell die Basis für Wilsgaard Bemühungen liefern sollte, stand fest. Auch über die Zielrichtung des Projekts herrschte Klarheit: Man visierte nicht so sehr Familie Svensson in Stockholm an, sondern die Fichers in New York oder Mr. Smith in San Francisco.
Weshalb 75 prozent aller 262 C - immer mit Klimaanlage und Doppelscheinwerfern, häufig mit Tempomat und geregeltem Katalysator ( je nach Bundesstaat ) schließlich in die USA gingen. Warum man freilich nich nur den ersten prototyp, sondern die ganze Serie in Italien bauen ließ, Laßt sich heute kaum noch feststellen. Vermutlich spielten Kapazitätsgründe bei Volvo selbst eine Rolle. Jedenfalls wurde - nach den Entwürfen von Jan Wilsgaard - im kleinen, auf derartige Aufgaben spezialisierten Karosseriewerk von Sergio Coggiola in Beinasco/Turin um 1975 herum ein viertüriger Volvo 164 in ein zweitürige Coupé verwandelt, das bis auf den Kühlergrill kaum vom späteren 262C zu unterscheiden war.
Offensichtlich entsprach dieser Prototyp den Vorstellungen der Volvo-Oberen, denn man gab grünes Licht - und Bertone legte in Grugliasco eine Kleinserie auf. Dieses internationale Automobil ( es stammte aus Schweden, wurde in Italien montiert und war für die USA gedacht ) löste in gewisser Weise ein ganz seltenes Volvo-modell ab: die 262 Limousine. Dabei handelte es sich um die zweitürige Ausführung des 264, von der in den Jahren 1976 und 1977 gerade mal gut 3000 stück auf die Rader gestellt wurden. Der 262 C - oder das Bertone-Coupé, wie das Auto nur genannt wird - war das ungleich exklusivere Angebot!
Rein optisch stimmte es, von einigen Details abgesehen, bis zur Gürtellinie mit jedem normalen 240/260 er überein - aber dann! Wilsgaard hatte ein extrem niedriges Dach samt einer betont flach stehenden Windschutzscheibe gezaubert, das in Deutlichem Kontrast zum eher massigen Unterbau des Wagens stand. Wir erinnern uns an Herrn Montiverdi... Freilich konnte man es auch andersherum sehen und den 262 C als imposante Kreation mit höchst markanten Formen und Proportionen betrachten, als ein Auto von ebenso eigenwilligem wie eigenständigem Charakter. Es scheint, als würde genau diese Betrachtungsweise in jüngster Zeit immer Populärer.
Natürlich bestach der 262 C durch seine noble Austattung: Eine üppige Raflederausstasttung mit ( allerdings etwas seltsamen ) Applikationen, Holzfurniere in den Seitenverkleidungen, elektrisch betriebene Fenster und Spiegel, ein spezielles Lenkrad, Getönten Scheiben, dazu schickte Alu-Felgen - der Volvo 262C hatte alles, was gut und teuer war! Die kitchigen Kronen an der C-Säule und am Lenkrad trafen freilich nicht jedermanss Geschmack. Auch technisch überzeugte das BertoneCoupé, dessen gesamte Technik aus der Limousine stamte: Da war der Sechszylinder-V-motor, der (in Europaausführung) zunächst als B27 140 PS, dann - leicht vergrößert - als B28 155 PS leistete und mit Benzineinspritzung sowie pro Zylinderreihe operierte; ein Automatisches Getriebe ( von Borg-Warner ), eine Zweikreis-Bremsanlage mit scheiben rundum sowie Servolenkung komplettierten das Bild, das man sich einem Oberklasse-Auto machte. Natürlich hatte Volvo auch bei diesem Modell großen Wert auf aktive wie passive Sicherheit gelegt.Gebaut wurde der 262 C in drei Serien:

Erste Serie von 1977 bis Herbst 1978 ( ausschließlich in Silber mit schwarzem Vinyldach );

Zweite Serie von Herbst 1978 bis Sommer 1980 ( von nun an in Goldmetallic und ohne Vinyldach; außerdem gab es den B28-Motor, neue Felgen sowie ein umgestaletes Heck mit herumgezogenen Rückleuchten );

Dritte Serie von Summer 1980 bis Sommer 1981 ( jetzt auch in Schwarz und Hellblaumetallic lieferbar; dazu wurden außer bei der US-version - Schmalere Kunststoffstoßstangen und ein anderer Kühlergrill montiert .

262C Innenausstattung


Eine Anmerkung noch zur Lackierung.Serie unterschied Neben den serienmaßigen Farbtönen konnte sich König Kunde Sonderwünsche erfüllen lassen: Bertone baut mehr oder weniger in Handarbeit, da war alles möglich! Nicht einmal die innenausstattung mußte schwarz sein.
Bei uns kletterde der Preis für dieses exklusive Fahrzeug von zunächst 38.200 Mark auf 44.000 Mark - zu einem Zeitpunkt, als es ein Mercedes 280 CE Coupé für gut sieben Mille weniger gab. Es war eben schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben!

Die Karosserie

Wir haben zwei Nachrichten für Sie: eine gute und eine schlechte (wie leider meist im Leben!). Hier die Gute: Der 262 C - obwohl ein extravagantes Coupé mit italienischem Einschlag - hat die überwiegende Zahl seiner entsprechenden Baujahre gemeinsam. Wassich günstig auf der Verfügbarkeit und Preis auswirkt. Das ist wichtig zu wissen, denn - und damit sind wir dei der schlechten Nachricht - auch Volvo rosten! Obwohl der schwedische Hersteller für seinen hohen Standard auf dem Gebiet des Korrosionsschutzes bekannt war (und ist): Alle Fahrzeuge wurden vor der Lackierung in ein Elektrophorese-Bad getaucht und mit einer gleichmäßigen Grundierungsschicht überzogen, auerdem kamen viele feuerverzinkte oder aus Aluminium beziehungssweise Edelstahl gefertigde obligatorisch, nicht jedoch Hohlraumversiegelung. Schließlich darf man an den bei Bertone in Handarbeit montierten wie an ein in Großserie gefertigtes Massenprodukt. Bitte behalten Sie also auch dann einen kühlen Kopf, wenn Sie endlich vor dem Objeckt Ihrer Träume stehen. Und obendrein bei allem was Sie tun, die bohrenden Blicke des verkäufers im Rückenn spüren ... Verschaffen Sie sich zunächst einen ersten Überblick über den wagen, der Ihnen zum Kauf angeboten wird: Befindet er sich in Orginalzustand - oder ist er schon mal lackiert worden? Macht das elegante Coupé einen ingesamt gepflegten Eindruck? Achten Sie vor allem auf die Paßgenauigkeit von Hauben und Türen. Große, ungleichmäßige Türspalte verheißen nie etwas Gutes, deuten im schlimmsten Fall auf einen mangelhaft reparierten Unfallschaden und bestenfalls auf ausgeschlagene Türscharniere hin. Letzteres läßt sich überprüfen. indem Sie die Tür ganz öffnen und anheben. Bei dieser Gelegenheit checken Sie den Türfalz auf Korrosion and vergewissern sich, daß die Ablauflöcher der Tür nicht verstopft sind. Hat Ihr potentielles Kaufobject diesen ersten Test zu Ihren Zufriedenheit bestanden, sollten Sie sich den typischen Schwachstellen zuwenden. Beginnen wir mit den Schwellern. Obwohl konstrutionsbedingt vom Fahrwind belüftet (Volvo was sehr stolz darauf!), bilden sich um die Befestigungen der Schwellerleiste häufig Rostnester. Gleiches gilt für die hinteren Radläufe im Bereich de serienmäßig montierten Zierleisten, wo Radhaus und Seitenteil zusammentreffen. Haben sie sich zum Besichtingungstermin in Ihr Ausgeh-Outfit gehüllt? Wenn ja, wäre das schlecht, denn eigentlich müßten Sie sich nun unter das Auto legen , um eine Kontrolle des Unterbodens vorzunehmen: Die Bodenwanne rund um die vordere Wagenheber aufname, der Übergang vom Schweller zum Bodenblech, die Längsträger über der Hinterachse im Bereich der stoßdämpferbevestigung und der Querträger unter dem Kühler sind neuralgische Punkte des Volvo 262 C. Hinterlaßt Ihr Kandidat auch hier einen guten Eindruck, ist das schon die halbe miete!
Wenden Sie sich nun der heckpartie zu, und öffne Sie der Kofferklappe, die Begutachtung verdient. Vor allem bei einem feuchten Kofferraum sollten Sie einen Blick hinter die Seitenverkleidungen und unter den Teppich werfen, um so Aufschluß über den Zustand des Kofferraumbodens zu erhalten. Bei Coupés der ersten Serie überprüfen Sie bitte von Außen das Heckblech an der stelle, wo die Gummiabdeckung der stoßstange anliegt.
kotflügel Verhältnismaßig wenig Überraschungen bietet die frontpartie. Die verschraubten Kotflügel keinem überdurchschnittlichen Rostbefall und gammeln allenfalls vor der A-Säule, wo sich die meiste Feuchtigkeit sammeln kann, durch Schlechter ist es um die Motorhaube bestellt, die man ihrer vorderen Kante ausgesprochen gerne fault. Im Motorraum gilt dem Batteriekasten sowie den beiden Scheinwerferträgern erhöhte Aufmerksamkeit. Der letzte gravierende Schwachpunkt betrifft den Frontscheibenrahmen, wobei auch hier wieder die 262er der ersten Serie unrühmlich hervortreten: Durch die Verwenung von Metalklammern zur Bevestigung des Zierrahmens findet Väterchen Rost hier ideale Bedingungen vor. Nachdem Sie das Blechkleid des Bertone-Volvos begutachtet haben, sollten sie den Innenraum unter die Lupe nehmen - und sich dabei immer vor Augen halten, daß die meisten Innenausstattungsteile nicht mehr lieferbar sind, also nachgefertigt werden müssen. Eine Lederausstattung kann so leicht een paar Tausender kosten. Bringen Sie außerdem Ihre Nase zumEinsatz: Reicht es muffig oder faulig im Coupé des Coupés? Oder penetrant nach Cockpit-Spray? Letzteres muß nichts bedeuten, wärend ein fauliger Geruch immer auf schon lange nistende Feichtigheit schließen läßt.

Mechanik

B28 motor Dem sogenannten Euro- oder PRV-motor benannt nach Peugot, Renault und Volvo, die dieses Triebwerk gemeinsam entwikelten) geht ein Schlechter Ruf voraus. Zu unrecht, den bei sachgemäßer Wartung erreicht der etwa im futuristischen DeLorean zum Zuge gekommene Treibsatz hohe Laufleistungen. Schwachpunkte diese komplett aus Leichtmetall gefertigten V6-Aggregats sind die zwei obenliegenden Nocken- sowie Kipphebelwellen, die zum Einlauf neigen, ferner die Steuerketten (wegen der wenig widerstandsfähigen Kettenspanner).
Scheuen Sie sich deshalb nicht, im Zweifelsfall die Ventildeckel abzunehmen. Neben dem Zustand der Nockenwellen verschaffen Sie sich dadurch gleichzeitig Klarheit über einen anderen wichtigen Punkt: Entdecken Sie Ablagerungen ("Schwarzschlamm", hervorgerufen unter anderem durch minderwertiges Motoröl oder Verbrennungsrückstände), können Ihnen umfangreiche Reparaturen - etwa wegen zugesetzter Ölleitungen - ins Haus stehen.Hat die ansonsten zuverlässig arbeitende

Technische Daten: Volvo 262 Bertone Coupé

Motor
Sechszylinderviertakt-V-motor (90 Grad), Wassergekült; V-förmig
hängende Ventile, von je einer obenliegenden Nockenwelle getrieben;
Alu-Zylinderkopf und -block; vierfach gelagerte Kurbelwelle;
Benzineeinspritzung; US-Version: geregelter Katalysator
Hubraum
2664 ccm, ab 1980: 2849 ccm
Bohrung x Hub
88x71 mm, ab 1980: 91x73 mm
PS bei U/min
140 bei 6000 (B27), 148 bei 5700 (B27), 155 bei 5500 (B28)
US-Version: 127 bei 5500 (B27), 132 bei 5500 (B28)
mkg bei U/min
20,8 bei 3000 (B27), 22,2 bei 3000 (B27), 23.4 bei 3000 (B28)
US-Version: 20.7 bei 2750 (B27), 21.2 bei 2750 (B28)
Getriebe
Automatik von Borg-Warner, typ 55
(Hydraulischer Wandler mit Dreigang -Planetengetriebe)
Karosserie
Selbsttragende Ganzstahlkarosserie
Vorderachse
Einzelradaufhängung an Trapez-Dreiecksquerlenkern und
McPherson-Federbeinen; Stabilisator
Hinterachse
Starrachse mit doppelten Längsschwingen uns Schraubenfedern;
Panhardstab; Stabilisator; Teleskopstoßdämpfer
Länge x Breite x Höhe
4880 (ab Model 81: 4785) x 1710 x 1360
Spitze
170 bis 180 km/h
Bauzeit
1977 bis 1981
Stückzahl
6622
Benzineinspritzanlage dann auch noch einen Fehler, kann es sehr teuer werden.
Wenig Anlaß zu kritik bietet das Automatikgetriebe vom Typ BW 55, das für eine Laufleistung von mindestens 180.000 km gut sein sollte. Geht es kaputt, müssen Sie rund 3500 Mark für ein AT-Teil rechnen, da eine Reparatur nicht lohnt. Verschleiß am Fahrwerk macht sich durch schammiges Fahrverhalten bemerkbar, oft hervorgerufen durch die in Silentbuchsen gelagerten Querlenker. Bei Fahrzeugen mit hoher Kilometerzahl verdienen die Traggelenke und die Servolenkung ist das einseitige Ziehen des Autos (in Richtung straßengraben oder entgegenkommenden Verkehr), was nicht nur beim Fahrer zu erhöhtem Pulsschlag führen kann.

Teile und Preise

Hier bei uns war der Volvo 262 C stets ein kostspieleiges und exklusives Angebot - was seiner Verbreitung natürlich enge Grenzen setzte. Anders sieht es jenseits edes großen Teichs aus, wo man heute ein passbles Bertone-Coupé mit wenig Rost schon für verhaltnismüßig kleines Geld - ab rund 2000 Dollar - bekommt.
Aber achtung: Bei insgesamt nur gut 6000 gebauten Fahrzeugen stehen die pompösen Volvozweitürer auch dort nicht an jeder Ecke. Die meisten Intressenten werden deshalb hier kaufen, wo der Preise von 8000 (für ein Auto mit TÜV bis 22.000 Mark (für ein Sahnestück) die Regel sind. Freilich sollte jeder potentielle Käufer wissen, daß diese seltenen Vögel ansprichsvoll und teuer im Unterhalt sind: Relativ viel PS, ein Hubraum von knapp 3 litern und ein ordenlicher Benzinverbrauch fordern ihren Tribut. Dafür ist erfreulich, daß mechanisch alle und karosseriemäßig die meisten Teile mit denen der 240/260-Serie übereinstimmen. Dies bedeutet, daß Sie bei der Beschaffung von Ersatz kaum Probleme stoßen werden (wenngleich das Preisniveau durchaus hoch sien kann; allein Motorteile sind, gegenüber einem Volvo mit Vierzylinder Tribwerk, unverhältnismaßig teuer). Aber es gibt ein paar Ausnahmen von der Regel: Beim Bertone-Coupé wurden einige Teile verbaut, die ausschließlich hier zum Einsatz kamen. Dazu zählt die stark geneigte Frontscheibe samt dazugehörigem Rahmen, die Türen, sämtliche Fenster, viele Innenausstattungsteile und die meisten 262 C typischen Embleme. Davon ist vieles noch zu haben: die Türen ein Reparatursatz für den Frontscheibenrahmen wie die dazugehörigen Zierleisten, die Frontscheibe selbst (grüngetönt oder grün mit Blaukeil), beide Ausführungen des Kühlergrills, die Seitenwände, das Vinyldach und die Embleme. Lediglich der Zierrahmen der Heckscheibe, die Alu-Felgen (und zwar beide Ausführungen), die Sitzbezüge und die Seitenverkleidungen gibt es nicht mehr. Bleibt als Fazit festzuhalten Daß der Volvo 262 C gerade heute als attraktives Angebot erscheint, denn er verspricht Exklusivität gute Zuverlässigkeit und eine gesicherte Ersatzteilversorgung zu einem verhältnismäßig günstigen Einstandspreis.
Wenn das nichts ist!

US-Version


Text und Fotos aus OLDTMER-MARKT september 1994.

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